Der Schwarzmarkt boomt

Apotheker klären auf: "Gefälschte Arzneimittel - echte Nebenwirkungen"

(Münster, 25. Juli 2008) Arzneimittel zu fälschen ist für Kriminelle mittlerweile einträglicher als der Handel mit Drogen. So kostet auf dem Schwarzmarkt ein Kilogramm an Plagiaten des Lifestyle-Arzneimittels Viagra® durchschnittlich 90.000 Euro. Ein Kilogramm Kokain kostet geschätzte 65.000 Euro, Heroin 50.000 Euro, Marihuana 8.000 Euro und Ecstasy 1.300 Euro. "Bei solchen Handelsspannen wundert es nicht, dass der internationale Schwarzmarkt mit gefälschten Arzneimitteln boomt", sagt Apotheker Hans-Günter Friese, Präsident der Apothekerkammer Westfalen-Lippe.

Die Apotheken in Westfalen-Lippe klären ihre Kunden und Patienten jetzt verstärkt darüber auf, wie sie ihr Portemonnaie und ihre Gesundheit vor gefälschten Medikamenten schützen können. In allen Apotheken liegen Flyer aus, die darüber informieren, welche Medikamente vorwiegend gefälscht werden, wie man Fälschungen erkennen und sich vor ihnen schützen kann. Friese: „Wer bei Gebrauchsgegenständen wie Uhren oder Kleidung einer Fälschung aufsitzt, erleidet einen materiellen Schaden. Bei gefälschten Medikamenten steht aber unser höchstes Gut, die Gesundheit, auf dem Spiel."

Grundsätzlich gilt die Devise: „Wer sich vor Fälschungen schützen will, sollte keine Medikamente bei unbekannten oder unzuverlässigen Anbietern bestellen. Bestellen Sie - wenn überhaupt - nur bei europäischen Versandapotheken", rät Friese. „Aber auch dabei gilt: Die Angebote seriöser Versandhändler sind im Regelfall nicht von denen der kriminellen Internetanbieter zu unterscheiden." Der Versand von Medikamenten aus Ländern außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums direkt an Endverbraucher in Deutschland ist verboten. „Auch Gütesiegel auf Internetseiten können gefälscht sein", stellt Apotheker Hans-Günter Friese klar.

Misstrauisch sollten Patienten werden, wenn ein in Deutschland verschreibungspflichtiges Arzneimittel ohne Rezept geliefert wird. Dies ist im „Netz der Netze" leider kein Einzelfall, sondern Normalität: „85 Prozent der Internetapotheken bieten den Versand rezeptpflichtiger Medikamente ohne Vorlage eines ärztlichen Rezepts an. Dies hat das US-amerikanische Zentrum für Sucht und Substanzmissbrauch der Universität Columbia, New York, in einer Studie an 365 Internethändlern festgestellt", berichtet Apotheker Hans-Günter Friese.

BKA: Arzneimittelkriminalität nimmt zu
Das Bundeskriminalamt hat bereits im Frühjahr vor einer Zunahme der Arzneimittelkriminalität gewarnt. Nach Schätzungen sind bis zu 50 Prozent der Arzneimittel, die von Internetversendern stammen, gefälscht. Aber auch auf Urlaubsreisen ist Vorsicht geboten, so Friese: „Auf keinen Fall sollte man Medikamente im Ausland auf Wochenmärkten oder bei Einzelpersonen auf der Straße kaufen. Deshalb sollten sich Fernreisende ihre Reiseapotheke am besten in Deutschland füllen." Friese und seine Kollegen in Westfalen-Lippe bieten an: „Wer den Verdacht hat, ein gefälschtes Medikament gekauft zu haben, kann sich jederzeit vertrauensvoll an uns Apotheker wenden. Denn jede noch so echt wirkende Fälschung kann durch eine chemische Untersuchung erkannt werden."

Derweil nimmt der schwunghafte Handel mit Fälschungen weiter zu. Nach Angaben der Europäischen Kommission wurden an den EU-Grenzen im vergangenen Jahr 51 Prozent mehr gefälschte Arzneimittel abgefangen als 2006. Der Handel mit gefälschten Arzneimitteln wird in Deutschland mit Geld- oder Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren, in besonders schwerwiegenden Fällen bis zu zehn Jahren bestraft.