Frühjahrssitzung des Apothekerparlamentes

Apothekerkammer weitet Förderung für den PTA-Nachwuchs deutlich aus

(Münster, 17. Juni 2015) Als regelrechter Jobmotor erweisen sich derzeit die westfälisch-lippischen Apotheken. Obwohl ihre Gesamtzahl 2014 bereits zum achten Mal in Folge gesunken ist – von 2.077 auf aktuell 2.040 – nimmt die Zahl der Arbeitsplätze in den Apotheken kontinuierlich zu: „In unseren Apotheken sind aktuell 15.736 hochqualifizierte Arbeitskräfte tätig. Das ist ein Zuwachs von mehr als 1.000 Arbeitsplätzen binnen vier Jahren“, konstatiert Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening anlässlich der Frühjahrstagung des westfälisch-lippischen Apothekerparlamentes.

Diese Entwicklung zeige, dass die demographische Entwicklung inzwischen ihre Spuren in der Apotheke hinterlasse: „Zum einen steigt der Beratungsbedarf und damit auch die Nachfrage nach Apothekerinnen und Apothekern, PTA und PKA immer weiter“, so Overwiening. „Zum anderen brauchen wir dringend bessere Rahmenbedingungen für Existenzgründer.“ Gerade einmal drei junge Pharmazeuten wagten 2014 in Westfalen-Lippe noch den Schritt in die Selbstständigkeit, während immer mehr Apothekenleiterinnen und -leiter aus Altersgründen ausscheiden. Zugleich sind angestellte Apotheker rar gesät: Auf einen Stellensuchenden kommen im Landesteil derzeit acht bis zehn offene Stellen.

Grundsatzbeschluss zur PTA-Ausbildung
Die 92 Delegierten befassten sich in ihrer Mammutsitzung nicht nur mit den obligatorischen Jahresabschlüssen der Kammer und des ihr angeschlossenen Versorgungswerkes, sondern vor allem mit aktuellen pharmazeutischen und berufspolitischen Herausforderungen. Besonderes Augenmerk lag dabei auf der Frage, wie zukünftig die wohnortnahe Ausbildung von Pharmazeutisch-technischen Assistentinnen und Assistenten (PTA) zu sichern ist.

Die Delegierten des Apothekerparlamentes votierten am Mittwoch mit deutlicher Mehrheit für eine Ausweitung der Förderung durch die Apothekerkammer, der allerdings rechtliche Grenzen gesetzt sind: „Die Apothekerkammer speist sich aus Mitgliedsbeiträgen von Apothekerinnen und Apothekern. Sie darf daher nicht mehr Mittel für die PTA-Ausbildung aufwenden als für die Aus- und Fortbildung ihrer Mitglieder“, erläuterte Hauptgeschäftsführer Dr. Andreas Walter. Auch das Landesgesundheitsministerium hatte zuletzt verdeutlicht, dass die Kammer ihre finanzielle Beteiligung zwar ausweiten, aber keinesfalls die komplette Finanzierung übernehmen dürfe. Als vertretbar wird eine Größenordnung von etwa zehn Prozent der Ausbildungskosten und zehn Prozent des Kammerhaushaltes gesehen.

Zuschuss der Kammer soll versiebenfacht werden
Vor diesem Hintergrund stimmten die Delegierten mehrheitlich (71 Ja-Stimmen bei fünf Gegenstimmen und drei Enthaltungen) für eine Beibehaltung der bisherigen Grundförderung von 10,23 Euro je Monat und Schüler/-in. Diese kann ab dem im August startenden neuen Ausbildungsjahrgang auf bis zu 70 Euro je Monat und Schüler/-in erhöht werden, sofern die Schulträger nachweisen, dass die PTA nachhaltig gut ausgebildet werden. Darüber hinaus fördert die Kammer auch weiterhin die Fortbildung von PTA, für die sie einen eigenen „PTA-Campus“ betreibt. „Mit diesem Beschluss ist der Weg frei für eine Versiebenfachung unserer finanziellen Beteiligung. Zugleich erhöhen sich damit unsere Gesamtaufwendungen für die Aus-und Fortbildung von PTA von derzeit etwa 280.000 Euro auf bis zu 750.000 Euro“, so Dr. Andreas Walter. Die AKWL kompensiert damit letztlich den weggefallenen Landeszuschuss.

Appell an Apothekerverband

Darüber hinaus appelliert die Apothekerkammer Westfalen-Lippe an ihre Schwesterorganisation, den Apothekerverband Westfalen-Lippe, zeitnah das gemeinsam entwickelte sogenannte Stipendienmodell in Westfalen-Lippe umzusetzen. Als eingetragener Verein verfügt der Apothekerverband – anders als die Apothekerkammer – über die rechtlichen Grundvoraussetzungen für die Umsetzung, die zudem seinem in der Vereinsatzung festgeschriebenen Zweck, „der Förderung und Beratung der Apothekeninhaber sowie der Wahrnehmung und Vertretung ihrer (…) Interessen“ entspricht.


Bei der Umsetzung dieses Modells kann der Apothekerverband auch auf die vollumfängliche Unterstützung der Apotheker-kammer innerhalb der oben beschriebenen rechtlichen Grenzen setzen, sofern der Blickwinkel nicht auf die Schulen des Trägervereins verengt wird, sondern auch eine zeitnahe Umsetzung an den Schulstandorten in Hamm, Münster und Olsberg betrieben wird.

„Fortbildungsmeister“ widmen sich verstärkt der Rezepturqualität
Im Jahr 2014 waren die Apothekerinnen und Apotheker – und dies bereits zum sechsten Mal in Folge – „Deutsche Fortbildungsmeister“. Dieser inoffizielle Titel betrifft sowohl die Gesamtzahl von 27.368 Fortbildungsteilnahmen als auch die Fortbildungsaktivität pro Kopf. Overwiening: „In Westfalen-Lippe hat jeder Apotheker durchschnittlich mehr als 4,5 Fortbildungsveranstaltungen besucht, bundesweit waren es im Schnitt 2014 knapp zwei Veranstaltungen. In Seminaren und Workshops wird sich die Kammer, auch dies beschlossen die Delegierten am Mittwoch, im Jahr 2016 verstärkt der Rezepturqualität in den Apotheken widmen. Dies wurde mit der Forderung nach einer angemessenen Vergütung der in der Apotheke hergestellten Arzneimittel verbunden: „Die Rezeptur ist seit vielen Jahren chronisch unterfinanziert. Es kann nicht sein, dass die Herstellungskosten die Honorierung zum Teil um ein Vielfaches übersteigen“, sagt Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening.

Kritik am E-Health-Gesetz der Bundesregierung
„Als zu kurz gesprungen“ kritisierte Overwiening in ihrem Lagebericht den jüngsten Entwurf eines E-Health-Gesetzes der Bundesregierung. Dieser sieht zwar vor, dass alle Versicherten, die mindestens drei Arzneimittel einnehmen, zukünftig einen Anspruch auf einen Medikationsplan haben. „Aber die von Minister Gröhe vorgesehene reine Auflistung von Arzneimitteln ist eine Farce“, so die Kammerpräsidentin. „Der Patient ist in seiner Arzneimitteltherapiesicherheit nur dann sicher, wenn die gesamte Medikation systematisch auf Wechselwirkungen und andere Risiken überprüft wird und für erkannte Probleme Lösungen zwischen Arzt und Apotheker abgestimmt werden.“

Zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit müsste in einem vollständigen Medikationsplan die Selbstmedikation berücksichtigt werden. „Alles andere ist reine Schaufensterpolitik“, so Overwiening. „Damit wird die Bundesregierung ihr selbstgestecktes Ziel, nämlich die Zahl der Todesfälle und Krankenhauseinweisungen zu reduzieren, die auf Arzneimittelpro-bleme zurückgehen, leider verfehlen.“ Die Apothekerinnen und Apotheker bieten sich weiter an, eine aktive Rolle im Prozess der Arzneimitteltherapiesicherheit zu spielen. „Unsere Landesregierung ist hier schon einen Schritt weiter und betont die Lotsenfunktion der Apotheke in diesem Prozess. Unsere Apotheken sind bereit für diese wichtige Aufgabe“, so Overwiening mit Blick auf mittlerweile über 300 AMTS-qualifizierte Apotheken in Westfalen-Lippe.

Zum Thema
DIE APOTHEKERKAMMER
Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe ist die berufliche Vertretung der 7.367 Apothekerinnen und Apotheker im Landesteil, davon stehen 5.245 aktiv im Berufsleben (zu etwa 85 Prozent in der öffentlichen Apotheke, aber auch in Krankenhausapotheken, Wirtschaft und Verwaltung). In
Westfalen-Lippe gibt es aktuell 2.040 Apotheken. Die westfälisch-lippischen Apotheken bieten derzeit 15.736 Arbeitsplätze.

DIE KAMMERVERSAMMLUNG
Die Kammerversammlung ist das oberste Beschlussorgan der Apothekerkammer. Das 92-köpfige Apothekerparlament wird im Fünf-Jahres-Rhythmus gewählt, zuletzt im Juni 2014.

STICHWORT: PTA
Pharmazeutisch-technische Assistentinnen und Assistenten (PTA) gehören nach Abschluss einer zweijährigen theoretischen Ausbildung an einer PTA-Fachschule und einem halbjährigen praktischen Teil zum pharmazeutischen Team der Apotheke. Sie dürfen unter Aufsicht eines/einer Apotheker/in Arzneimittel abgeben und zur Anwendung und Einnahme beraten.


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Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening

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Die Delegierten des Apothekerparlamentes votierten am Mittwoch mit deutlicher Mehrheit für eine Ausweitung der Förderung der PTA-Schulen durch die Apothekerkammer.

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