Erneute Forderung: Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel

„Patienten werden aus dem Ausland nicht immer ordnungsgemäß versorgt“

(Münster, 16. Juni 2017) Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe erneuert ihre Forderung nach einem zügigen Verbot des Versandhandels für verschreibungspflichtige Arzneimittel. „Wir müssen feststellen, dass Patienten in vielen Fällen von den Versendern nicht ordnungsgemäß versorgt werden“, sagt Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening. Eine rechtliche Handhabe dagegen gibt es aber nicht. Das hat die Apothekerkammer inzwischen sogar vom Landesgesundheitsministerium schwarz auf weiß: „Ausländischen Apotheken obliegt nicht die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung“, schreibt das Landesgesundheitsministerium der Kammer.

Für inländische Apotheken sieht die Apothekenbetriebsordnung vor, dass eine ärztliche Verschreibung in angemessener Zeit auszuführen ist. Bestehen Bedenken, habe die Apotheke diese Unklarheit zu beseitigen. Die Vorschriften der Apothekenbetriebsordnung gelten aber nur in Deutschland, nicht für Versandapotheken hinter der Grenze. Sie können, so wie es in einem konkreten Fall eine Versandapotheke aus Venlo handhabte, die Herstellung eines Rezepturarzneimittels verweigern. Begründet wird dies mit angeblich fehlender Plausibilität. Eine Patientin aus Hagen erhielt ihr Rezept zurück.

„Natürlich ist der Apotheker verpflichtet, vor Herstellung einer Rezeptur, diese nach pharmazeutischen Gesichtspunkten zu beurteilen. Aber in diesem Fall, der leider kein Einzelfall zu sein scheint, ist das ein vorgeschobenes Argument“, sagt Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening. Denn die Überprüfung der Rezeptur durch die pharmazeutische Fachabteilung der Apothekerkammer und zusätzlich durch das Prüflabor DAC/NRF in Eschborn ergab: Die beiden verordneten Wirkstoffe sind miteinander kompatibel: „Rein galenisch betrachtet ist die Rezeptur problemlos herstellbar, auch wenn die verordnete Kombination aus Antibiotikum und Glucocorticoid nicht mehr erste Wahl bei der Therapie infizierter Hauterkrankungen ist“, so Overwiening. Eine Einschätzung, die das Landesgesundheitsministerium teilt: „Aus fachlicher Sicht ist Ihre Bewertung korrekt“, heißt es in dem Schreiben an die Apothekerkammer. Zugleich aber verdeutlicht das Ministerium, dass ausländische Versandapotheken zwar das Recht haben, deutsche Patienten zu beliefern, aber nicht die Verpflichtung, sie zu versorgen: „Eine behördliche Maßnahme ist somit im vorliegenden Fall nicht möglich.

In einem anderen Fall hatte ein Patient aus Erkenschwick ein Rezept mit dem Wirkstoff Nitrazepam zur Behandlung von Schlafstörungen bei einer weiteren niederländischen Versandapotheke eingereicht. Das Rezept hatte er in einem Freiumschlag nach Heerlen geschickt. Dort wurde die Belieferung mit dem Hinweis auf komplizierte zollrechtliche Regelungen verweigert. Gegen eine Gebühr von 20 Euro konnte sich der Patient sein Rezept dann in einem Paketzentrum zurückholen. In der öffentlichen Apotheke wurde es anschließend binnen weniger Stunden beliefert.

„Aus unserer Sicht ist es unhaltbar, dass Patienten weiterhin mit Rezeptboni angelockt, dann aber möglicherweise gar nicht versorgt werden. Es kann nicht sein, dass sich ausländische Versandapotheken nur die Rosinen aus dem Kuchen herauspicken und damit die Vor-Ort-Apotheken schwächen, diese aber Tag und Nacht für die Versorgung geradestehen“, kritisiert die Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe. Overwiening fordert: „Wir brauchen daher, spätestens als erste gesundheitspolitische Maßnahme einer neugewählten Bundesregierung, das Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel. 21 von 28 EU-Staaten verfahren bereits so, bei uns wird es allerhöchste Zeit.“