12. Vortragsveranstaltung der Apothekerstiftung

Geheimagent James Bond im Visier der Physik

Metin Tolan ist ein großer James Bond-Fan. Jeden der 24 Agenten-Filme hat er gut und gerne zehnmal gesehen. Der 54-Jährige ist jedoch nicht nur Cineast, sondern auch Professor für Experimentelle Physik an der Technischen Universität Dortmund und hat dort in einem Seminar Hobby und Forschung vereint: Zusammen mit Studierenden hat er Szenen aus den 007-Filmen auf ihren Realitätsgehalt analysiert. Würde James Bond – alias Pierce Brosnan – das Flugzeug im freien Fall in der Szene in „Goldeneye“ tatsächlich einholen, und wenn ja, unter welchen Bedingungen? Funktioniert die Magnet-Uhr des Agenten – dieses Mal gespielt von Roger Moore – in „Leben und sterben lassen“ auch in Wirklichkeit? Antworten gab Tolan beim 12. Stiftungsvortrag der Apothekerstiftung Westfalen-Lippe am 16. September im Erbdrostenhof in Münster. Bei dieser Veranstaltungsreihe blickt die Stiftung regelmäßig über den Tellerrand der Pharmazie hinaus und hat sich in den vergangenen Jahren schon mit Themen wie dem Lächeln, Schönheit oder Ethik im Gesundheitswesen beschäftigt – und nun James Bond ins Visier der Physik genommen.

Selten war eine Doppelstunde Physik an einem sonnigen Samstagnachmittag so unterhaltsam und spannend. Für die Flugzeug-Szene sieht die Analyse zum Beispiel folgendermaßen aus: Darin springt James Bond auf einem Motorrad einem Flugzeug hinterher, holt es im freien Fall ein und steigt ein. Der wahnwitzige Stunt könnte tatsächlich funktionieren – jedoch müsste Bond dafür unter anderem 20 mal windschnittiger sein als das fallende Flugzeug und von seinem Motorrad aus die Geschwindigkeit des Fliegers auf drei km/h genau schätzen, und, eine komplizierte Gleichung im Kopf lösend, seine eigene Geschwindigkeit anpassen. Denn: „So einem Flugzeug springen Sie nur hinterher, wenn Sie sich das vorher genau durchgerechnet haben“, so der Professor augenzwinkernd.

Oder die Magnet-Uhr, die Bond alias Roger Moore in „Leben und sterben lassen" trägt. Mit ihr angelt sich 007 metallische Gegenstände aus seiner Umgebung. Der Physiker rechnete so lange, bis diese Uhr auch im echten Leben funktionieren könnte. Der einzige Nachteil: Das Gehäuse würde sich bei der nötigen Magnetkraft auf mindestens 250 Grad Celsius erhitzen: „Aber wir haben es hier ja nicht mit irgendeinem Weichei zu tun, sondern mit James Bond.“ Nur ein Problem ergibt sich noch: Bond, der mit der Uhr auch Kugeln ablenken können will, müsste dafür gleichsam hellseherische Fähigkeiten haben. Denn das Magnetfeld braucht drei
Sekunden, um sich aufzubauen. Bond müsste die Uhr also bereits einschalten, bevor ein Schuss fällt.

Und schlussendlich hat Tolan sogar eine Theorie, warum James Bond seinen Wodka Martini geschüttelt, nicht gerührt trinkt – und das bisher 28 mal in 24 Filmen: Der Geheimagent ist ein großer Genießer. Anhand des „Paranuss-Effektes“ erklärt Tolan, dass die großen Moleküle, die für den Geschmack verantwortlich sind, beim Schütteln nach oben gelangen, während die kleinen Alkohol-Moleküle nach unten wandern. Bond hat meist nur Zeit für einen Schluck, der dann aber umso geschmacksintensiver ist. Davon konnten sich die 170 Zuhörer bei einem Drink im Anschluss an den Vortrag selbst überzeugen.