Engere Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apothekern

ABDA-KBV-Modell: Westfalen-Lippe als Pilotregion

(Münster, 6. Dezember 2010) Eine engere Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apothekern sieht das sogenannte ABDA-KBV-Papier vor. Das auf Bundesebene im Herbst 2009 vereinbarte Modell soll erstmals in Westfalen-Lippe ungesetzt werden, wenn es nach den Spitzenvertretern von Apothekerverband, Apothekerkammer und Kassenärztlicher Vereinigung in Westfalen-Lippe geht. Der Grundgedanke ist ebenso einfach wie bestechend: Der Arzt verordnet künftig nur noch den Wirkstoff, und der Apotheker wählt dann innerhalb eines Preiskorridors das für den Patienten am besten geeignete Arzneimittel aus.

Wie und wann ein Pilotmodell für das gesamte Bundesgebiet umgesetzt werden könnte, das erläuterten Gabriele Regina Overwiening (Präsidentin der AKWL), Dr. Klaus Michels (Vorsitzender des AVWL) und Dr. Wolfgang-Axel Dryden (1. Vorsit­zender der KVWL) in Münster im Rahmen eines Pressegespräches.

Einheitlicher Medikationskatalog

Grundvoraussetzung für die Umsetzung des neuen Konzeptes ist  ein einheitlicher Medikationskatalog, der für alle GKV-Versicherten gelten und – im Interesse der Patienten – durch die Ärzte- und Apothekerschaft erstellt werden muss. "Unser Ziel ist eine  wirksame, effiziente, dem medizinischen Stand der Erkenntnisse angepasste und sichere Versorgung der Patienten unabhängig davon, bei welcher Krankenkasse sie versichert sind", erläutert Dryden. Mit der Definition von Leitsubstanzen habe man in diesem Feld in Westfalen-Lippe bereits Pionierarbeit geleistet.

Arbeitsteilige Umsetzung

Die Ärzte übernehmen die Verantwortung für die Indikationsstellung, die Auswahl des Wirkstoffs, die Festlegung der Verordnungsmenge, der Dosierung und der Therapiedauer. Der Apotheker übernimmt die Auswahl des Arzneimittels, die Abgabe an den Patienten sowie dessen Beratung und Betreuung. Die Verantwortung für die Arzneimitteltherapiesicherheit und das Medikationsmanagement teilen sich Arzt und Apotheker.

Dabei erhält der Patient einen Medikationsplan, der ihn anleitet, welches Arzneimittel in welcher Dosierung wann und wie lange eingenommen werden soll. "Somit erhöhen wir die Arzneimitteltherapiesicherheit ganz erheblich", sagt Gabriele Regina Overwiening. "Die gesamte Versorgung wird einheitlicher, überschaubarer und auch kostengünstiger, wenn der Patient dauerhaft das gleiche Arzneimittel und begleitend einen Medikationsplan aus der Apotheke erhält."

Derzeit kämpfen Ärzte, Apotheker und Patienten gleichermaßen mit dem täglichen Chaos der Rabattverträge. "Wenn der Patient mal eine grüne, mal eine gelbe Tablette, mal eine Kapsel und mal ein teilbares Arzneimittel bekommt, dann verliert er ganz schnell das Vertrauen in die Therapie", sagt Dr. Klaus Michels.

In der Kooperation zwischen Ärzten und Apothekern sollte die Wirkstoffverordnung bei der Verordnung von Generika mit dem Zielpreismodell kombiniert werden. Die Apotheker wählen dann innerhalb eines Preiskorridors das für den Patienten am besten geeignete Arzneimittel aus. "Und wenn wir einen Auswahlkorridor haben, können wir wieder Kontinuität für die Patienten schaffen", so Michels.

Nach Berechungen der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände - ließen sich mit der Umsetzung eines kassenübergreifenden Medikationskataloges bundesweit 2,35 Milliarden Euro einsparen – allein für Westfalen-Lippe mehr als 200 Millionen Euro. Damit dürfte der Einspareffekt mehr als doppelt so hoch wie bei den Rabattverträgen sein. Hinzu kommt eine sehr viel höhere Einnahmetreue.

Wenn es nach Dr. Wolfgang-Axel Dryden geht, könnte das Pilotmodell in Westfalen-Lippe bereits zum 1. Juli 2011 starten. Apothekerverband, Apothekerkammer und KVWL haben sich bereits der Rückendeckung der Verbraucherzentrale und zahlreicher Patientenorganisationen versichert. Und auch die Krankenkassen, als Vertragspartner von AVWL und KVWL scheinen dem Modell grundsätzlich positiv gegenüberzustehen: Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender der AOK-Nordwest, sagte der Neuen Westfälische im Interview: "Das Modell liegt auf der Linie dessen, was wir uns vorstellen können." Die Kassen, so Litsch weiter, hätten "kein Interesse daran, die Ärzte damit zu nerven, welches Arzneimittel welcher Krankenkasse unter welchen Bedingungen sie für ihre Patienten aussuchen müssten". Martin Litsch: "Das können die Apotheker am besten." Wenn der Arzt nur einen Wirkstoff aufschreibt, ist das möglich. Die Krankenkassen hätten mit ihren Rabattverträgen Vorarbeit in diese Richtung geleistet.