Startschuss fällt am 12. Mai 2016

Apothekerkammern in NRW starten gemeinsames Fehlerberichts- und Lernsystem "CIRS-Pharmazie"

(Münster, 12. Mai 2016) Logo CIRS Pharmazie NRWUnter dem Kürzel „CIRS-Pharmazie“ starten die Apothekerkammern Nordrhein und Westfalen-Lippe jetzt ein gemeinsames, internetgestütztes Fehlerberichts- und Lernsystem. Die Buchstaben „CIRS“ stehen für ein Critical Incident Reporting-System, mit dem Medikationsfehler und „Beinahe-Medikationsfehler“ in der Apotheke anonym gemeldet werden können (www.cirs-pharmazie.de).

„Beinahe-Medikationsfehler schädigen den Patienten wegen der noch rechtzeitigen Entdeckung nicht, können jedoch zur Entwicklung von Lösungsansätzen beitragen“, erläutert Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe. „Fehlerberichts- und Lernsysteme spielen schon lange eine wichtige Rolle in anderen Hochrisikobranchen wie der Luftfahrt“, fügt Lutz Engelen Präsident der Apothekerkammer Nordrhein hinzu.

Sicherheitskultur in der Apotheke aufbauen

Mit dem Fehlerberichts- und Lernsystem für die NRW-Apotheken wollen beide Kammern eine Arzneimitteltherapiesicherheitskultur in der Apotheke aufbauen: „Konkrete Beispiele schaffen getreu der Devise „Das könnte genauso auch bei uns passieren“ Bewusstsein “, so die Spitzenvertreter der beiden Kammer. Das „CIRS-Pharmazie“ baut zudem auf vorhandene Strukturen auf: „Der Umgang mit Fehlern ist in vielen Apotheken bereits Teil des Qualitätsmanagementsystems“, so Engelen. Overwiening stellt den niedrigschwelligen Ansatz bei der Befassung mit Arzneimitteltherapiesicherheit heraus.
Das „CIRS-System“ bietet die Möglichkeit, eine Vielzahl von Medikationsfehlern zu dokumentieren: Das können ebenso Fehler bei der Abgabe von Arzneimitteln (Rezeptbelieferung und Selbstmedikation) sein wie Fehler bei der Medikationsanalyse, der Rezeptur oder bei ärztlichen Verordnungen, ferner administrative Fehler und Fehlerquellen im Tagesablauf, Kommunikations- oder Verständigungsprobleme oder Fehler auf Seiten der Patienten.
Die Meldung von Medikationsfehlern sowie Beinahe-Medikationsfehlern liegt in der Verantwortung aller Mitarbeiter in der Apotheke. Ihre Berichte werden anonymisiert, analysiert, kommentiert und veröffentlicht. „Der offene und konstruktive Umgang mit Fehlern trägt dazu bei, dass aus diesen gelernt wird und Lösungen entwickelt werden können“ betonen Engelen und Overwiening.

CIRS-Pharmazie: Zwei konkrete Beispiele

Ein Arzt verschreibt einen Blutdrucksenker mit der Dosierung 100 mg Wirkstoff/Tablette. Vor der Abgabe in der Apotheke wird zunächst ein Abgleich mit der Patientendatei vorgenommen. Dabei fällt auf: Der Patient hat bisher das Arzneimittel mit der Wirkstoffstärke 10 mg erhalten. Nach Rücksprache mit dem Arzt wird das Rezept neu ausgestellt und eine zehnfache Überdosierung des Patienten verhindert.
Ein Patient möchte in der Selbstmedikation „etwas gegen Husten“ haben. Der Apotheker versorgt ihn daraufhin mit einem Hustenlöser. Einige Zeit später sucht der Patient den Hausarzt auf und erhält eine Verordnung über einen Protonenpumpen-Inhibitor (PPI) zur Behandlung einer gastrointestinalen Refluxkrankheit (GERD). In der Beratung hatte der Apotheker zu schnell auf einen erkältungsbedingten, akuten Husten geschlossen.