170 Interessierte bei Vortragsveranstaltung der Apothekerstiftung

Ein Leben ohne Emotionen ist möglich, aber nicht von langer Dauer

(Münster, 12. September 2016) „Wozu benötigen wir Emotionen?“, war nur eine der vielen Fragen rund um die menschliche Gefühlswelt, die Ulrich Schnabel am Samstag im vollbesetzten Erbdrostenhof aufwarf und beantwortete. Der Einladung der Apothekerstiftung Westfalen-Lippe zur neunten öffentlichen Vortragsveranstaltung waren über 170 Interessierte aus Münster und dem Umland gefolgt. Die Stiftung feiert in diesem Jahr ihren zehnten Geburtstag. In ihrer Begrüßung ging die Vorstandsvorsitzende Gabriele Regina Overwiening schlaglichtartig auf einige geförderte Projekte ein: zur Entwicklung neuer Antibiotika gegen multiresistente Keime, zur Anschaffung von Mikroskopen für hiesige Universität oder zur Auslobung eines Journalistenpreises, der anspruchsvolle Beiträge zu pharmazeutischen Themen auszeichnet.

Mit diversen Preisen für seine Arbeit ist auch Ulrich Schnabel bereits ausgezeichnet worden. Für sein Buch „Was kostet ein Lächeln?“ hatte der renommierte Wissenschaftsredakteur bei der Wochenzeitung „Die Zeit“ Emotionen in der Gesellschaft kartografiert und analysiert. Im barocken Saal des Erbdrostenhofes referierte er über die große Bedeutung von Gefühlen für jeden Menschen: „Wenn es um Entscheidungen in Sekundenbruchteilen geht, dann kann man nicht lange überlegen. Hier übernehmen Emotionen die Entscheidung“, erklärt Schnabel. Welchen Einfluss Emotionen auf die Gesellschaft haben, lasse sich an Beispielen ablesen, in denen die Emotionen abhanden gekommen seien, beispielsweise durch Krankheiten wie einen Gehirntumor. „Im veröffentlichten Fall „Elliot“ ist ein Tumor erfolgreich entfernt worden. Der Patient war rational vollkommen normal, doch die Emotionen waren abhanden gekommen“, so Schnabel. „Ohne Gefühle fehlen jedoch die inneren Präferenzen, es kommt zur Entscheidungsunfähigkeit.“ Im Beispiel habe der Patient zahlreiche Entscheidungen (wie z. B. das Verlassen der Ehefrau) rein rational und ohne Blick auf das persönliche Glück getroffen, was zu einer Kaskade offensichtlich schlechter Entscheidungen geführt habe. Daher schlussfolgert Schnabel im Einklang mit dem Hirnforscher António Damásio: Ein Leben ohne Emotionen könne man theoretisch führen. „Es wäre aber nicht von langer Dauer.“

In Richtung der Apotheker riet er, auch in der Medizin die Macht der Emotionen nicht zu unterschätzen. „Zuneigung ist ein hocheffektives Therapeutikum.“ Studien belegten, dass „soziale Verbundenheit den größten Einfluss auf eine lange Lebensdauer von Patienten hat“. Ein Gefühlschaos könne sogar Gegenteiliges bewirken: „Starke Trauer, wie sie durch ein Trennung verursacht wird, kann zum sogenannten Broken-Heart-Syndrom und damit zu echten Symptomen eines Herzinfarktes führen.“ Bei gesunden Menschen klängen diese wieder ab. „Liegen jedoch Vorerkrankungen des Herzens vor, können diese durch Emotionen hervorgerufenen Symptome gefährlich werden.“

Dass Emotionen sogar das Körpergewicht beeinflussen können, zeigte Ulrich Schnabel anhand einer Hotel-Studie auf: Zwei Gruppen von Reinigungskräften seien gebildet worden. Eine bekam einen Motivationsvortrag über ihren Beruf und die Tatsache, dass Housekeeping ein echtes Fitnessprogramm sei. Die Kontrollgruppe wurde ohne Vortrag zum Reinigen der Zimmer geschickt. Ergebnis nach einigen Wochen: „Bei gleicher Arbeit haben die Mitarbeiterinnen mit Vortrag deutlich mehr Gewicht verloren als die der Kontrollgruppe.“ Das zeige: „Erwartung macht schlank.“


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Vorstandsvorsitzende Gabriele Regina Overwiening mit Referent Ulrich Schnabel. Fotos: AKWL/Sokolowski

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Der Einladung der Apothekerstiftung Westfalen-Lippe zur neunten öffentlichen Vortragsveranstaltung waren über 170 Interessierte aus Münster und dem Umland gefolgt.

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