6. Westfälisch-lippischer Apothekertag ein voller Erfolg:

Über 1.200 Besucher beim größten regionalen Apothekertag im deutschsprachigen Raum

(Münster, 19. März 2017) Spannende Keynotes zu aktuellen Themen der Zeit, intensive Workshops, informative Fachvorträge und eine politische Eröffnung, die es in sich hatte: Über 1.200 Apothekerinnen und Apotheker, Pharmaziestudierende, PTA und weitere interessierte Fachbesucher haben den gerade zu Ende gegangenen sechsten Westfälisch-lippischen Apothekertag (WLAT) in der Halle Münsterland besucht und nach zwei Tagen jede Menge spannende Infos mit nach Hause genommen. Der von der Apothekerkammer Westfalen-Lippe ausgerichtete und organisierte zweitägige Kongress war damit zum sechsten Mal in Folge der größte regionale Apothekertag im deutschsprachigen Raum und „ein voller Erfolg“, wie Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening resümierte.

Motto „Vertrauen und Vernetzung“
Der WLAT stand in diesem Jahr unter dem Motto „Vertrauen und Vernetzung“ und stellte gleich zwei zentrale Herausforderungen in den Mittelpunkt, denen sich die Apothekerinnen und Apothekern in Zeiten eines rasanten gesellschaftlichen und technischen Wandels stellen müssen: „Zum einen geht es um das Vertrauen der Patientinnen und Patienten in die apothekerliche Beratung und Betreuung“, erklärte Kammerpräsidentin Overwiening. „Zum anderen sind wir die Garanten einer wohnortnahen, schnellen und hochwertigen Arzneimittelversorgung.“

Beim WLAT erlebten die Besucher, wie mit Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und Landesgesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) zwei Hochkaräter der deutschen Gesundheitspolitik sich eindrucksvoll öffentlich zugunsten der Arzneimittelmittelversorgung durch die Apotheke vor Ort positionierten. Gerade unter den Vorzeichen eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes, nach denen ausländische Versandapotheken sich nicht an die Arzneimittelpreisbindung halten müssen, war das ein wichtiges Zeichen für die Apothekerinnen und Apotheker.

Overwiening kämpferisch
Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening zeigte sich in ihrer Rede kämpferisch und formulierte, welche Auswüchse das Urteil habe: „Wenn ein zuzahlungsbefreiter Patient bei einer ausländischen Versandapotheke ein Rezept einreicht, erhält er einen Bonus. Damit werden zuzahlungsbefreite Patienten nicht nur komplett auf Kosten der Solidargemeinschaft versorgt – sondern sie könnten durch das Einlösen eines Kassenrezepts auch noch Geld verdienen.“ Overwiening appellierte an die SPD-Bundestagsfraktion, sich nicht weiter gegen den Gesetzesentwurf von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe zu stellen: „Nehmen Sie die Unterschriften von mehr als einer Million Bürgern ernst, davon über 150.000 aus Westfalen-Lippe, die uns im Rahmen einer Unterschriftenaktion in den vergangenen Wochen den Rücken gestärkt haben. Machen Sie den Weg frei für eine zügige Rückführung des Versandhandels auf den Bereich der nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel!“

Gröhe: „Was sich bewährt hat, müssen wir erhalten.“
Diesen Ball nahm Gröhe dankend auf und sagte in Richtung des SPD-geführten Bundeswirtschaftsministeriums: „Ich würde mir wünschen, dass das BMWi bei der Rettung von 150.000 Beschäftigten in Apotheken die gleiche Leidenschaft zeigte, wie bei der Rettung von circa 16.000 Tengelmann-Mitarbeitern. Gröhe hob die Bedeutung der Apothekerinnen und Apotheker im Gesundheitssystem hervor: „Sie Apotheker sind für viele Menschen der erste Ansprechpartner im Gesundheitswesen.“ Der Gesundheitsminister weiter: „Was sich bewährt hat, müssen wir erhalten. Die Apothekenpflicht für Arzneimittel, das Fremd- und Mehrbesitzverbot und viele andere Regelungen sind wichtige Eckpfeiler einer guten Versorgung. Wir brauchen mehr Wertschätzung von Beratung und nicht mehr Relativierung von Beratung.“ Zum EuGH-Urteil hat er eine klare Meinung: Man habe jahrelang einen Kompromiss gehabt, den Versandhandel auch mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu erlauben, dafür aber mit Preisbindung für alle. „Der Versandhandel hat diesen Kompromiss aufgekündigt. Und wenn dieser aufgekündigt wird, müssen wir das machen, was 21 andere EU-Staaten bereits tun, nämlich den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu verbieten, um die wohnortnahe Versorgung durch Apotheken vor Ort zu erhalten.“ Und an die Menschen, die sich von Boni verführen ließen oder im Internet bestellen wollten, adressierte er: „All diese Menschen wollen zugleich rund um die Uhr eine dienstbereite Apotheke in ihrer Nähe. Und es sind Millionen von Versicherten, die diesen Dienst rund um die Uhr brauchen.“ Und es sei im Sinnen eben dieser, die gewachsene Struktur der Arzneimittelversorgung vor Ort zu erhalten. Der lang anhaltende Applaus im großen Kongresssaal war Gröhe sicher.

Barbara Steffens: „Wir brauchen keinen Zeitgeist, sondern Verlässlichkeit.“
„In den Farben getrennt, in der Sache vereint“ zeigte sich hier auch NRW-Landesgesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) in ihrer Ansprache einig mit ihrem christdemokratischen Kollegen auf Bundesebene und bezog sich auf den Bundesratsbeschluss, in dem sich die Bundesländer für ein Versandverbot von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln aussprechen. Der Versandhandel habe für sie auch nichts mit „Zeitgeist“ zu tun: „Der Zeitgeist ist für uns kein Selbstzweck. Er kann nicht als Argument benutzt werden, um verlässliche Strukturen zu zerstören, die seit Jahrhunderten funktionieren. Wir brauchen die Apotheken. Wir brauchen keinen Zeitgeist, sondern Verlässlichkeit, Sicherheit und Wohnortnähe.“

Bewährte Klassiker und neue Herausforderungen
Beim sechsten WLAT wurden daher altbekannte Elemente dieses zentralen Dienstleistungsspektrums wie eine optimale Beratung oder die individuell für jeden Patienten hergestellten Rezepturen ebenso thematisiert wie neue Herausforderungen, beispielsweise der Einsatz von Cannabis-Anwendungen. Zu diesem hochaktuellen Thema – erst seit knapp zwei Wochen kann Cannabis auf Rezept verordnet und von den Krankenkassen erstattet werden – referierte der renommierte Experte Professor Dr. Burkhard Hinz (Rostock). Außerdem nahm der Kongress die Vernetzung im Gesundheitswesen – Stichworte sind hier E-Health und Big Data – in den Fokus. „Die zunehmende Digitalisierung unserer Lebenswelt wird uns neue Chancen eröffnen, aber auch Risiken und Gefahren beinhalten“, sagt Overwiening. So war auch der bundeseinheitliche Medikationsplan Gegenstand eines Fachvortrages. Seit Oktober 2016 haben alle Patienten, die regelmäßig mindestens drei verordnete Arzneimittel einnehmen, Anspruch auf diesen einheitlichen Medikationsplan.

Big Data – bedeutend wie die Aufklärung
„Big Data ist so bedeutend wie die Aufklärung“, sagte Oxford-Professor Viktor Mayer-Schönberger in seiner Keynote am ersten Kongresstag zum Thema „Vernetzung“. Der international anerkannte Bestseller-Autor zeigte eindrucksvoll auf, dass und wie Big Data unsere (Wirtschafts-)Welt verändert – mit einem besonderen Blick auf das Gesundheitswesen. Er stellte mögliche, aber auch sich bereits still und leise vollziehende Veränderungen in unserer Gesellschaft heraus. Er betonte aber auch, dass „wir nach wie vor das Heft des Handelns in der Hand“ halten.

Umgang mit der neuen Medienmacht
Wie es gelingt, in Zeiten des digitalen Wandels Vertrauen zu sichern und mit „der neuen Medienmacht“ umzugehen, erläuterte Professor Bernhard Pörksen in seiner Keynote am zweiten Kongresstag. Der Lehrstuhlinhaber für Medienwissenschaft erklärte, dass durch das Smartphone heutzutage jeder Skandale aufdecken könne und dass dies zu einem Umdenken in Unternehmen und Organisationen führen müsse. Um nicht zum Getriebenen immer schneller auf uns einprasselnden Nachrichten zu werden, empfahl er eindringlich: „Wir müssen Klostereffekte künstlich herstellen, da die neuen Medien so einflussreich sind.“ Immer wieder unterbrächen Meldungen, Tweets und E-Mails unsere Arbeit, und das sei ein großes Problem: „Bei komplexen Aufgaben dauert es rein statistisch 25 Minuten nach der Unterbrechung, bis man wieder den Status von vor der Unterbrechung erreicht hat. Daher müssen wir wieder lernen, uns zu konzentrieren und Räume schaffen, in denen wir uns auf das aktuell Wichtigste fokussieren können.“

Fachausstellung ist Leistungsschau der Branche
Zwischen den Fachvorträgen präsentierte eine große Fachausstellung mit über 50 Partnern und Unternehmen auf rund 2.000 Quadratmetern jede Menge Ideen und modernes Equipment, um die Arbeit in den öffentlichen Apotheken zu erleichtern und die Qualität weiter zu verbessern. „Die Ausstellung, die den gesamten Raum im großen Kongress-Saal beanspruchte, war eine regelrechte Leistungsschau der Branche“, resümierte Overwiening.

Abendveranstaltung mit Bernhard Hoëcker
Der erste Kongresstag schloss mit einer Abendveranstaltung mit über 500 Gästen in der benachbarten Jovel Music Hall, die zugleich als Spenden-Gala für das apothekerliche Hilfsprojekt „Eine Dosis Zukunft“ fungierte. Über 20.000 Euro sind alleine im Rahmen der Gala zusammengekommen. Für beste Unterhaltung sorgten das Placebo-Improtheater und als Stargast der Comedian Bernhard Hoëcker. Durch den Abend führte Moderator Oliver Pauli, und Live-Musik vom Feinsten garantierte die VIP-Entertainment-Band.


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Bundesgesundheitsminister Herrmann Gröhe, Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening, NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens und AKWL-Ehrenpräsident Hans-Günter Friese (von links). Fotos: AKWL/Münsterview

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Für beste Unterhaltung der 500 Gäste sorgten das Placebo-Improtheater mit Olaf Bürger, Ilka Luza sowie als Stargast Comedian Bernhard Hoëcker.

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500 Besucher kamen zur WLAT-Spendengala zu Gunsten von „Eine Dosis Zukunft“ in die Jovel Music Hall.

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Bundesgesundheitsminister Herrmann Gröhe

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Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening

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Insgesamt kamen über 1.200 Besucher zur sechsten Auflage des WLAT in Münster.

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NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens

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Zwischen den Fachvorträgen präsentierte eine große Fachausstellung mit über 50 Partnern und Unternehmen auf rund 2.000 Quadratmetern jede Menge Ideen und modernes Equipment, um die Arbeit in den öffentlichen Apotheken zu erleichtern und die Qualität weiter zu verbessern.

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