Wenn’s auf hoher See zu viel schaukelt

Ohne Übelkeit zu den Paralympics

(Münster, 24. August 2012) „Eine Seefahrt, die ist lustig“ – so heißt es zumindest im berühmten Volkslied, und tatsächlich könnte Verreisen so schön sein, gäbe es da nicht die Heimsuchung der Abenteuerlustigen: die Reisekrankheit. Das bekommen auch die behinderten und nichtbehinderten Teilnehmer des Projektes Challenge zu spüren, die derzeit mit dem Großsegler Tenacious zu den Paralympics nach London segeln. Organisiert vom Behinderten-Sportverband NRW schippert die 36 Mann starke Crew unter der Flagge der Inklusion zum Großereignis nach England.Behinderte und Nichtbehinderte machen dabei außergewöhnliche Erfahrungen: Segeln bedeutet Arbeit, um das Ziel zu erreichen. Und ans Ziel kommt die Gemeinschaft nur, wenn jeder im Rahmen seiner Fähigkeiten mit anpackt. Dazu gehört auch, sich umeinander zu kümmern, wenn es auf rauer See nicht so rund läuft für jedermann – zum Beispiel wenn die Seekrankheit die Seefahrer auf Zeit übermannt.

„Mit Symptomen wie Erschöpfung, Schwindel, andauernder Übelkeit, Erbrechen und Schweißausbrüchen quälen sich Reisende schon seit Menschengedenken“, erklärt Apotheker Dr. Claus Breuer aus Würselen, „aber es gibt Mittel und Wege, das Übel zu bekämpfen.“ Breuer ist gemeinsam mit Detlef Müller-Böling für die NRW-Apothekerschaft unterwegs. Müller-Bölings linkes Bein ist nach einer Polio-Infektion gelähmt. „Da die Tenacious komplett barrierefrei ist, können Behinderte problemlos an diesem Segeltörn teilnehmen. Das ist einfach toll“, sagt Breuer. Wenn da nur nicht die Seekrankheit wäre.

„Die Reisekrankheit tritt immer dann auf, wenn starke Bewegungen das innere Gleichgewicht des Körpers durcheinanderwirbeln“, sagt Breuer, „die Informationen, die von Augen, Gleichgewichtssinn und Körperempfindungen ans Gehirn gesendet werden, passen nicht mehr zusammen, was als Ursache für die Reisekrankheit vermutet wird.“

Ein sehr altes Mittel, das schon seefahrende Matrosen, Missionare und Forschungsreisende vergangener Jahrhunderte benutzten, ist der Ingwer. Er wird oft bei Magen-Darm-Beschwerden eingesetzt und soll den Brechreiz lindern. Heute gibt es mit den Antihistaminika, nachgewiesenermaßen wirksame Mittel gegen die Reisekrankheit. Sie machen allerdings auch schläfrig, was vielen Übelkeitsgeplagten sogar ganz recht sein dürfte. Auch wer keine Medikamente einnimmt, sollte vor Reiseantritt auf Alkohol verzichten: Er verstärkt die Empfindlichkeit gegenüber der Reisekrankheit. „Es gibt Medikamente verschiedener Hersteller, mit denen man die Übelkeit gut unter Kontrolle bekommet“, sagt Breuer, „dazu sollte man sich ausführlich in seiner Apotheke beraten lassen.“

An Bord der Tenacious hat der Apotheker einfache Tipps für die Mitsegler parat: „Schiffsreisende mit Seekrankheit sollten möglichst an Deck gehen, sich den frischen Wind um die grüne Nase wehen lassen und mit den Augen den Horizont oder die Küstenlinie fixieren.“ Man könne sich auch einfach in seiner Koje oder auf einer Bank flach legen. „Das hat schon der berühmte Charles Darwin gemacht, der immer wieder unter Seekrankheit litt.“