Frühjahrssitzung des Apothekerparlaments

Alarmstufe Rot in Westfalen-Lippe: Ungebremster Rückgang der Apothekenzahlen

(Münster, 11. Juni 2025) Die „Alarmstufe Rot“ ruft Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening anlässlich der Frühjahrssitzung des Westfälisch-lippischen Apothekerparlamentes aus: Im Landesteil sinkt die Zahl der Apotheken im 21. Jahr in Folge. Zugleich hat sich der Rückgang massiv beschleunigt, obwohl die Bevölkerungszahl in Westfalen-Lippe ebenso wächst wie die Zahl älterer und multimorbider Patient*innen.

Während im Jahr 2005 noch 2.246 Apotheken die wohnortnahe Versorgung sicherten, sind es Stand heute nur noch 1.642 Betriebsstätten – ein Rückgang um 27 Prozent. 442 Apotheken werden als Filialen geführt. Damit verbleiben in Westfalen-Lippe noch 1.200 selbstständige Einheiten – ein Rückgang um 47 Prozent binnen zweier Jahrzehnte. „Wir haben mit großer Erleichterung zur Kenntnis genommen, dass im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung eine deutliche wirtschaftliche Stärkung der Apotheken vorgesehen ist, ebenso wie Verringerung der überbordenden Bürokratie. Diese Maßnahmen müssen jetzt aber zügig auf den Weg gebracht werden, sonst kommen sie für viele Apotheken zu spät“, fordert Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening.

In Westfalen-Lippe ist die Zahl der Apotheken nicht nur im Jahr 2024 um 57 gesunken (von 1.711 auf 1.654). In den ersten Monaten des Jahres 2025 seien zwölf Schließungen hinzukommen und weitere 25 angekündigt worden.  Damit verbleiben aktuell nur noch 1.642 Betriebsstätten, von denen 442 als Filialen geführt werden. „Bundesweit schreibt derzeit mehr als jede vierte Apotheke rote Zahlen bzw. befindet sich an der Grenze zur Wirtschaftlichkeit“, erläutert Overwiening die Hintergründe für das Apothekensterben.

Weniger Apotheken, mehr Beschäftigte

In Westfalen-Lippe versorgt eine Apotheke durchschnittlich 5.000 Patientinnen und Patienten, vor 20 Jahren waren es noch knapp 3.500.  Der wachsende Versorgungsumfang geht mit steigenden Beschäftigtenzahlen in den Betriebsstätten einher: 16.681 Apotheker*innen, PTA und PKA sind in den westfälisch-lippischen Apotheken tätig – ein Zuwachs gegenüber dem Vorjahr von 0,3 Prozent. „Allerdings trügen die Zahlen ein wenig, da inzwischen fast drei Fünftel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur noch in Teilzeit tätig sind“, relativiert die Kammerpräsidentin.  Daher bleibt auch der Arbeitsmarkt angespannt: Auf eine stellensuchende PTA kommen derzeit 15 offene Stellen, auf stellensuchende Apothekerinnen und Apotheker im Schnitt vier Angebote.

Jetzt erst recht: Zukunftsversprechen des Berufsstandes

Weil nicht nur die Apotheken, sondern das gesamte Gesundheitswesen vor vielfältigen und wachsenden Herausforderungen steht, hat die Apothekerkammer Westfalen-Lippe im Schulterschluss mit allen deutschen Apothekerkammern und -verbänden das Positionspapier „In eine gesunde Zukunft mit der Apotheke“ verabschiedet. „Unser zentrales, gemeinsames Zukunftsversprechen lautet: Die Apotheken mit ihren hochqualifizierten pharmazeutischen Mitarbeitenden sind bereit, mehr Verantwortung im Gesundheitswesen zu übernehmen“, verdeutlicht Gabriele Regina Overwiening.

Das Zukunftspapier beinhaltet drei Säulen: Erstens sollen in Zukunft die Patientinnen und Patienten schneller und mit weniger Bürokratie mit Arzneimitteln versorgt werden können. Zweitens gilt es, das Angebot an Prävention und Früherkennung in Apotheken auszubauen. Beispiele sind Impfangebote oder die frühzeitige Identifikation von Gesundheitsrisiken wie erhöhte Blutzuckerwerte. „Und drittens wollen wir in den Apotheken vor Ort die Patientinnen und Patienten stärker in der Arzneimitteltherapie durch zusätzliche Beratungsleistungen unterstützen, wie zu Beginn einer Dauertherapie mit Arzneimitteln oder bei digitalen Gesundheitsangeboten wie der elektronischen Patientenakte“, so die Kammerpräsidentin.

Apothekerparlament schließt Haushaltsjahr 2024 ab

In der Frühjahrssitzung am Mittwoch entlasteten die Delegierten Vorstand und Geschäftsführung und bestätigten ebenso den Haushaltsabschluss des Jahres 2024. Die Einnahmen der Kammer lagen mit 8,71 Millionen Euro knapp 60.000 Euro über Plan, die Ausgaben mit 8,69 Millionen Euro etwa 186.000 Euro über dem Ansatz, was zu einer Zuführung an die Rücklagen in Höhe von gut 22.000 Euro führt.

STICHWORT: DIE APOTHEKERKAMMER
Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe ist die berufliche Vertretung der 8.292 Apothekerinnen und Apotheker im Landesteil, davon stehen 5.618 ak-tiv im Berufsleben (davon über 80 Prozent in der öffentlichen Apotheke, aber auch in Krankenhausapotheken, Wirtschaft und Verwaltung). In Westfalen-Lippe gibt es aktuell 1.642 Apotheken, 442 davon werden als Filiale geführt. Die westfälisch-lippischen Apotheken bieten derzeit 16.681 (Vorjahr: 16.632 wohnortnahe Arbeitsplätze.

STICHWORT: DIE KAMMERVERSAMMLUNG
Die Kammerversammlung ist das oberste Beschlussorgan der Apotheker-kammer. Das Apothekerparlament wird im Fünf-Jahres-Rhythmus gewählt – zuletzt im Juni 2024. Das Apothekerparlament zählt 103 Delegierte und kommt zweimal jährlich zu Arbeitssitzungen zusammen.


Downloads

Die „Alarmstufe Rot“ ruft Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening anlässlich der Frühjahrssitzung des Westfälisch-lippischen Apothekerparlamentes aus. Fotos: AKWL/Sokolowski

[Overwiening_Gabriele_Regina_01.JPG] | JPG (5184x3456 px) | 1,5 MB

 
In der Frühjahrssitzung am Mittwoch entlasteten die Delegierten Vorstand und Geschäftsführung und bestätigten ebenso den Haushaltsabschluss des Jahres 2024.

[Saal_Abstimmung_vorn_2.jpg] | JPG (4032x2512 px) | 3,9 MB