Rechnen in der Rezeptur

Eine Ursache für Über- oder Unterdosierungen in Rezepturen können einerseits Flüchtigkeitsfehler, aber auch echte Rechenfehler beim Berechnen der Einwaagen sein. Dahinter könnte ebenso ein nicht berücksichtigter Einwaagekorrekturfaktor stecken wie auch ein Irrtum beim Umrechnen des eingesetzten Rezepturkonzentrates. Schließlich kann ein simpler Flüchtigkeitsfehler, zum Beispiel beim Übertragen von Zahlenwerten, oder ein Verwechseln der Einheit gravierende Folgen haben.
Um Folgefehler zu vermeiden, empfiehlt es sich,

  • Berechnungen in der Rezeptur in Ruhe vorzunehmen,
  • jeden Schritt sauber aufzuschreiben,
  • Double-Checks der Ergebnisse durchzuführen und
  • besonders bei kritischen Rechenwegen die Kollegin oder den Kollegen ebenfalls rechnen zu lassen (Vier-Augen-Prinzip).

Die meisten Rechnungen in der Rezeptur lassen sich per Dreisatz lösen. Hier sollte der jeweilige Ansatz "auf Plausibilität geprüft" werden.

Cave Einwaagekorrekturfaktor!

Wird der Einwaagekorrekturfaktor (EKF) vernachlässigt oder bei Einsatz von Stammlösungen oder Stammverreibungen falsch umgerechnet, besteht die Gefahr einer unter Umständen gravierenden Über- oder Unterdosierung.

Der Einwaagekorrekturfaktor f muss für jede neue Charge einer Substanz (bei Wirk- und Konservierungsstoffen, nicht bei Hilfsstoffen) neu ermittelt werden und auf drei Nachkommastellen genau auf dem Vorratsgefäß angegeben werden. Mit diesem Wert wird die errechnete Solleinwaage multipliziert, um die tatsächliche Solleinwaage zu bestimmen.

Warum muss eine Einwaagekorrektur vorgenommen werden?

  • um einen chargenbedingten Mindergehalt auszugleichen
  • um einen im Ausgangsstoff enthaltenen Wasseranteil zu berücksichtigen

Wann ist eine Einwaagekorrektur vorzunehmen?

  • wenn ein Mindergehalt des Wirkstoffes von mehr als 2 % vorliegt

Wie geht man bei einer Einwaagekorrektur vor?

  • Berechnung eines individuellen Korrekturfaktors f auf drei Nachkommastellen genau gemäß NRF I.2.1.1. unter Verwendung der Angaben auf dem Prüfzertifikat (Hinweis: zur Nutzung des Direktlinks zuvor bitte auf www.dac-nrf.de einloggen)
  • Ist ein Korrekturfaktor bereits auf dem Substanzgefäß angegeben, ist die Korrektheit bei der Eingangskontrolle durch Nachrechnen zu kontrollieren.

EKF-Online-Rechner des DAC/NRF

Verfahrenstipps für die Praxis

  • Korrekturfaktor f direkt bei der Eingangsprüfung berechnen
  • Korrekturfaktor auf dem Stand- bzw. Vorratsgefäß aufbringen
  • verordnete Substanzmenge (= Soll-Einwaage) mit dem errechneten Korrekturfaktor f multiplizieren
  • sofern ein Mindergehalt des Wirkstoffes vorliegt (wenn also f > 1), resultiert eine höhere Substanzeinwaage als verordnet
  • Achtung: auf dem Etikett nicht die korrigierte Einwaage, sondern die ursprünglich verordnete Substanzmenge (= Soll-Einwaage) angeben
  • bei der Berechnung des Rezepturpreises die korrigierte Einwaagemenge zugrunde legen
  • bei Substanzgehalten über 100 % erst ab einem Mehrgehalt von 10 % (Substanzgehalt > 110 %) den Einwaagekorrekturfaktor ermitteln (Faktor f dann < 1)

Achten Sie auf eine ggf. unterschiedliche chemische Struktur der Wirkstoffe (unterschiedliche Molekulargewichte)
Beispiele:

  • wasserfreies Salz (Atropinsulfat) wurde verordnet, der Ausgangsstoff liegt laut Analysenzertifikat in der Hydratform vor (Atropinsulfat-Monohydrat)
  • Gehaltsangabe im Prüfzertifikat von Riboflavinphosphat-Natrium bezieht sich auf Riboflavin als wasserfreie Substanz

Verwechslungsgefahr Salz, Ester, Base

Arzneistoff mögliche Verwechslung mit
Betamethason-17-valerat Betamethason (topisch nahezu unwirksam)
Betamethason-21-valerat (nur 15 % Wirksamkeit)
Clobetasol-17-propionat Clobetasol (topisch nahezu unwirksam)
Dexamethason Dexamethasonacetat
17ß-Estradiol(-hemihydrat) 17α-Estradiol, Estradiolbenzoat
Hydrocortison Hydrocortisonacetat
Prednisolon Prednisolonacetat
Testosteron Testosteronpropionat
Triamcinolonacetonid Triamcinolon (topisch nahezu unwirksam)

 

 Quelle: Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker