Apothekerinnen und Apotheker sehen rot

Erstmals unter 1.700 Apotheken in Westfalen-Lippe

(Münster, 17. April 2024) Ein trauriger Trend setzt sich unverändert fort. Erstmals hat Westfalen-Lippe die Schwelle von 1.700 Apotheken unterschritten. „Stand heute stellen noch 1.697 Apotheken die Versorgung im Landesteil sicher“, erklärt Dr. Andreas Walter, Hauptgeschäftsführer der Apothekerkammer Westfalen-Lippe und zeigt sich besorgt: „Allein seit Jahresbeginn haben wir 14 Betriebsstätten verloren. Schon jetzt wissen wir von elf weiteren Apotheken, die im Laufe des Jahres vom Netz gehen werden.“

Rückgang von 23 Prozent in 15 Jahren

Rückt man die Zahlen der vergangenen Jahre in den Fokus, so kennen die Zahlen nur eine Richtung: nach unten. „Vor 15 Jahren versorgten noch 2.232 Apotheken die Patientinnen und Patienten im Landesteil. Heute sind es noch 1.697. Das ist ein Rückgang von fast 24 Prozent. Wir haben damit fast ein Viertel aller Apotheken in Westfalen-Lippe verloren.“

Die Schließungen, die sich über ganz Westfalen-Lippe verteilen – ganz gleich ob städtisch oder ländlich – machten sich besonders im Nacht- und Notdienst bemerkbar. Die Notdienstbelastung für die verbliebenen Apotheken sei je nach Region ohnehin hoch. „Die Zahl der Dienste kann nicht unendlich erhöht werden.“ Daher sei klar: „Weniger Apotheken führen unweigerlich dazu, dass unterm Strich die Wege zum Notdienst weiter werden.“

Die Gründe für die Apothekenschließungen sind vielschichtig: Zwar spielten auch Personalprobleme und die verringerte Bereitschaft junger Menschen, sich selbstständig zu machen, eine Rolle. „Am Ende sind es aber immer wirtschaftliche Gründe, die dazu führen, dass Apotheken nicht weitergeführt werden“, stellt Walter klar. „Es sind die politischen Rahmenbedingungen, die hinter den Schließungen stehen: Das, was Apotheken pro abgegebenem rezeptpflichtigen Arzneimittel verdienen, ist gesetzlich festgelegt. Eine Steigerung dieses Honorars hat es zuletzt vor über zehn Jahren gegeben. Und anstatt dieses Honorar zumindest an die Inflation anzupassen, hat der Bundesgesundheitsminister zu Beginn 2023 das Honorar sogar gekürzt. Das ist – nicht nur in finanzieller Hinsicht – ein Nackenschlag für den ganzen Berufsstand. Apothekerinnen und Apotheker, aber auch die Patientinnen und Patienten sind am Ende die Leidtragenden.“

Negativ-Trend deutschlandweit eindeutig

Mit dieser Entwicklung steht der Kammerbezirk Westfalen-Lippe keineswegs alleine da: In ganz Deutschland stehen die Apotheken unter einem enormen wirtschaftlichen Druck: „Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Apotheken in Deutschland um 500 zurückgegangen“, sagte Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening, die zugleich Präsidentin des Bundesverbandes ABDA ist. „Das entspricht in etwa der Gesamtzahl der Apotheken in Thüringen. Wir haben sozusagen Thüringen verloren“, sagte sie. Rechnerisch hätten also rund zwei Millionen Menschen „ihre wohnortnahe Apotheke verloren“.

Mit der bundesweiten Kampagne „Wir sehen rot“ wollen die Apotheken ab der kommenden Woche die Patientinnen und Patienten über die bedrohliche Lage aufklären und informieren. „Den Menschen ist ihre Apotheke vor Ort wichtig“, weiß Overwiening. „Mithilfe einer bundesweit angelegten Umfrage geben die Apotheken den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, sich zum Zustand der Arzneimittelversorgung zu äußern.“